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Musik

George Martin „In my life“

Seit den 50iger Jahren des vorigen Jahrhunderts zählt der Produzent und Komponist George Martin zu den absoluten Größen der Musikbranche. Durch den Einsatz innovativer Aufnahmetechniken, seinen Perfektionismus und seine Vielseitigkeit, die er in seiner jahrzehntelangen Arbeit immer wieder unter Beweis stellte, wurde George Martin zur Legende.


Dies ist umso beeindruckender, als George Martin fast nie im Vordergrund stand, sondern seinen hervorragenden Ruf aus der zweiten Reihe heraus erarbeitete. Mit dem Album „In my life“ beendete Martin 1998 seine einzigartige, bereits im Jahre 1955 begonnene Karriere. Und wie könnte es anders sein, dieses Album ist natürlich ein herausragendes Werk, das wahrlich einen krönenden Abschluss einer einzigartigen Laufbahn darstellt.

George Martin, geboren am 3. Jänner 1926 in England, begann seine Karriere 1950 nach seinem Studium an der Guildhall School of Music and Drama als Musiker bzw. konkret als Oboist, wenngleich auch nur kurzzeitig. Denn ebenfalls 1950 wurde er als Assistent von Oscar Preuss engagiert, damals Chef von Parlaphone, einem Label von EMI.

Seine ersten Erfahrungen mit Aufnahmen sammelte er bei Produktionen von Barockmusik, gefolgt von Jazz und ersten Pop-Produktionen. Er arbeitete mit Jazzgrößen wie Cleo Laine, John Dankworth, Humphrey Lyttelton und Stan Getz. Darüber hinaus fungierte Martin als Produzent bei Aufnahmen mit Schauspielergrößen wie Peter Sellers, Spike Milligan, und vielen mehr. Im Jahr 1955 übernahm er die Position von Preuss.

1962 fand das, rückblickend betrachtet, wohl einschneidendste Ereignis in George Martins Karriere statt. Er nahm für sein Label eine junge Band aus Liverpool unter Vertrag: die Beatles. Bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1970 produzierte George Martin von nun an jedes Album der Beatles, und war dabei maßgebend an deren Erfolg beteiligt. Waren die ersten Alben der Beatles noch relativ unspektakulär – zumindest, was die eingesetzte Studiotechnik betrifft – revolutionierte George Martin mit Alben wie „Revolver“, „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“ oder „The Beatles“ die Aufnahmetechnik grundlegend.

Mit dem Einsatz zahlreicher neuer Techniken und Effekte, zumeist erzielt allein durch den kreativen Einsatz von bereits bestehendem Equipment, war George Martin maßgebend am Sound der Beatles-Alben beteiligt. So entstanden in den Londoner Abbey Road Studios Alben, die den Ruf der Beatles als wichtigste Band der Musikgeschichte zementierten. Auf Alben wie „Yellow submarine“, Grundlage für den gleichnamigen Spielfilm der vier Pilzköpfe, aber auch bereits bei „A hard days night“ steuerte er zudem auch eigene Kompositionen bei, und zeichnete bei zahlreichen Stücken für spannende Arrangements verantwortlich, die, wie zum Beispiel „I am the walrus“ oder „A day in the life“ für Aufsehen sorgten. Nicht umsonst galt George Martin daher als fünfter Beatle.

Nachdem sich Paul McCartney, John Lennon, Ringo Starr und George Harrison 1970 dazu entschlossen, künftig getrennte Wege zu gehen, widmete sich George Martin zahlreichen anderen Projekten, die ebenfalls zumeist in Welterfolgen mündeten. Es gibt nahezu keinen Topstar der 1970iger und 1980iger, der nicht irgendwann in seiner Karriere mit George Martin zusammenarbeitete. Neben dem kommerziellen Erfolg wurde George Martin für seine Produktionen mehrfach mit den renommiertesten Preisen des Musikbusiness ausgezeichnet. Martin ist Mitglied der Royal Academy, wurde in die American Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen, und 1988 von der englischen Königin zum Commander of the British Empire ernannt.

Den nach eigenen Angaben größten Wunsch nach all den Jahren im Business erfüllte sich Sir George Martin aber selbst. Quasi als Meisterstück lieferte er 1998 das Album „In my life“ ab, das seine Laufbahn als Musikproduzent abschließen sollte. Die Beatles waren eine der wichtigsten Wegbegleiter seiner Laufbahn, so Martin damals. Was also lag näher, als Stücke der Beatles neu aufzunehmen. Allerdings wollte er dies nicht mit den Beatles machen. Was dabei rauskommen würde, so Martin, dass habe man schon in den 60igern gezeigt. Vielmehr versammelte George Martin seine ganz persönlichen „heroes and friends“, wie er im Begleitheft der Aufnahme anführt. Künstler, mit denen er schon immer zusammen arbeiten wollte. Wenn auch nicht alle.

„Just a shame I could not reach Django, Miles, Hendrix or Gary Cooper, Cary Grant or Rita Hayworth.“

Sir George Martin

Doch auch ohne die genannten ist die Liste der auf diesem Album vertretenen Künstler mehr als beeindruckend. Eröffnet wird das Album mit „Come together“, für das George Martin den Schauspieler Robin Williams vors Mikrofon bat. Williams schlug vor, für die Aufnahme auch seinen Freund Bobby McFerrin einzuladen, eine geniale Idee, wie man auf „In my life“ hören kann. Das zweite Stück „A hard days night“ wird man – nicht wie das Original – gleich beim ersten Akkord erkennen. Denn anstelle elektrifizierter Rickenbaker-Gitarren ertönen hier sanfte, jazzige Klavierklänge, über die Goldie Hawn ihre Interpretation des alten Beatles-Klassikers aus swingendem Goldkelchen trällert.

Das darauf folgende Stück zählt zu einem der Highlights des Albums. Dabei handelt es sich um „A day in the life“ vom Album „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“. Interpretiert wird das Stück „In my life“ von Jeff Beck, mit dem George Martin einige Alben produzierte, die, wie „Blow by blow“, mit zu den legendären Alben der Rockgeschichte zählen.

Hier entlockt Jeff Beck seiner Gitarre einen Sound, der, unterlegt mit großem Orchester, dem Zuhörer kalte Schauer über den Rücken jagt. George Martins treffender Kommentar dazu:

„He is the one guitarist who can make his instrument sing like the human voice. The orchestra was hardly needed for the climax; the guitar says it all.“

Sir George Martin

Weiter geht‘s mit „Here, there and everywhere“, intoniert von Celine Dion sowie „Because“ von Vanessa Mae. Einen weiteren Höhepunkt findet das Album mit „I am the walrus“, gesungen von niemand geringerem als dem Schauspieler Jim Carrey. Kein anderes Stück der Beatles hätte dem Naturell Carreys wohl besser gerecht werden können. Bitte anhören, dies kann man nur schwer mit Worten beschreiben. Wobei, ein kleiner Satz im Mittelteil beschreibt es relativ treffend:

„We‘re all just molecules bouncing around…“

Jim Carrey

Ebenfalls überaus hörenswert ist die Interpretation von „Here comes the sun“ des klassischen Gitarristen John Williams. Ein Kollege beschrieb das Stück sehr treffend mit der Umschreibung, dass Williams mit seiner Gitarre einen Sonnenaufgang auf den Himmel zaubert. Eine Einschätzung, der wir uns nur anschließen können.

George Martin "In my life"
George Martin "In my life" 5

Missglückt hingegen ist Billy Connollys Version von „Being for the benefit of Mr. Kite“, aber dieser Schwachpunkt des Albums wird durch George Martins eigene Kompositionen auf dem Album, der „The Pepperland Suite“, rasch vergessen gemacht. Und spätestens mit „Golden slumber“, „Carry that weight“ sowie „The end“, allesamt von Phil Collins zum Besten gegeben, ist man wieder mit dem Album versöhnt. George Martin schreibt hierzu im Booklet:

„Phil singt die Solostimme, die Chorstimmen, spielte alle Drum-Parts ein, natürlich inklusive dem Schlagzeug-Solo… Hätte ich ihm mehr Zeit gegeben, hätte er sicher auch noch die Orchester-Parts selbst eingespielt.“

Sir George Martin
George Martin "In my life"
George Martin "In my life" 6

Bevor das Album mit einem allerletzten Höhepunkt endet, reiht sich mit „Friends and lovers“ ein weiteres Stück von George Martin in die Trackliste ein. Den würdigen Abschluss stellt natürlich „In my life“ dar. In diesem Fall wurde aus dem eigentlich recht fröhlichen Liedchen der Beatles ein von Sean Connery über sanfte Klavierbegleitung rezitierter, sehr nachdenklich stimmender Ausklang, der den Zuhörer mit seinen eigenen Gedanken zum Thema Freundschaft, Lebensziele und Erfüllung entlässt.

Wir meinen…

George Martin gelang mit „In my life“ ein überraschendes Album, das alte Beatles-Klassiker in gänzlich neuem Gewand und auch Glanz präsentiert. Es stellt einen krönenden Abschluss einer unvergleichlichen Karriere dar, und ist somit ein wahres Meisterstück, das in keiner Sammlung fehlen sollte.

George Martin "In my life"In my life
Artist:Sir George Martin, Robin Williams, Bobby McFerrin, Goldie Hawn, Jeff Back, Phil Collins, uvm.
Composer:John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Sir George Martin
Genre:Pop, Rock
Label:Universal Music Group
Format:Audio CD
Year:1998

Wertung

KLANG
MUSIK

Must-have

Es gibt nur wenige Persönlichkeiten im Musik-Business, die als wahre Legenden gelten. Auf den Engländer Sir George Martin traf dies mit Sicherheit zu.

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Michael Holzinger

Michael Holzinger, Gründer und Chefredakteur von sempre-audio.at | Der HiFi Blog - Das HiFi Magazin und HiFi BLOG, ist seit Jahrzehnten als Journalist in den Bereichen IT, Fotografie, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik tätig. Mit HiFi.Luxury begründete er zudem eine weitere Plattformen, die für modernen, exquisiten Lebensstil steht.

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